Zeitzeugengespräch mit Uri Strauss: Ein gefälschter Reisepass rettet ihn und seine Familie vor dem Holocaust - Instytut Pileckiego
02.05.2024 () 13:00
Zeitzeugengespräch mit Uri Strauss: Ein gefälschter Reisepass rettet ihn und seine Familie vor dem Holocaust
Ein gefälschter paraguayischer Pass hat Uri Strauss und seinen Eltern das Überleben ermöglicht. In einem Zeitzeugengespräch bringt Herr Strauss diese spektakuläre Geschichte näher und erzählt über sein Leben nach dem Zweiten Weltkrieg.
02.05.2024, 13 Uhr | Pariser Platz 4A, 10117 Berlin | Anmeldung: https://forms.gle/ZR8R8s48rED5h2jY8
Moderation: Alexander Kliymuk
Mehrere Tausend Jüdinnen und Juden sind dank den gefälschten Pässen südamerikanischer Staaten vom Holocaust gerettet worden. Die Dokumente, die das Leben retteten konnten, wurden durch polnische Diplomaten unter der Leitung von Aleksander Ładoś in Zusammenarbeit mit Vertretern jüdischer Organisationen massenweise ausgestellt. Unter den Geretteten war auch die Familie Strauss. Ein gefälschter paraguayischer Pass hat Uri Strauss und seinen Eltern das Überleben ermöglicht. In einem Zeitzeugengespräch bringt Herr Strauss diese spektakuläre Geschichte näher und erzählt über sein Leben nach dem Zweiten Weltkrieg.
Uri Strauss
Uri Strauss wurde 1940 in Amsterdam geboren. Dort lebten seine Eltern, deutsche Juden, die Deutschland bereits vor dem Kriegsausbruch verlassen haben. Nachdem das Deutsche Reich die Niederlande besetzt hat, war auch die Familie Strauss von einer Deportation ins Konzentrations- oder Vernichtungslager bedroht. Dank der Verwandtschaft in Zürich konnten sie aber einen gefälschten paraguayischen Pass bekommen, der ihnen das Leben gerettet hat. Denn für die deutschen Besatzer galt die Familie Strauss nicht mehr als staatenlose Juden, sondern als Staatangehörige eines Drittlands. Dank dem Pass von Paraguay konnte die Familie bis Kriegsende in Amsterdam bleiben, danach wurde der Pass sogar für zwei weitere Jahre verlängert. 1948 emigrierte die Familie in die USA. Seit 1961 lebt Uri Strauss in der Schweiz, wo er jahrzehntelang als Fotograf tätig war. Erst vor einigen Jahren hat er erfahren, wer hinter der Rettungsaktion stand und wie die großangelegte Fälschung paraguayischer Pässe funktionierte.
Die Ładoś-Liste
Während des Zweiten Weltkrieges führten polnische Diplomaten in Bern in der Schweiz zusammen mit Vertretern jüdischer Organisationen die sog. Reisepässe-Aktion durch. Die Ładoś-Gruppe, der Aleksander Ładoś, Konstanty Rokicki, Abraham Silberschein, Chaim Eiss, Stefan Ryniewicz und Juliusz Kühl angehörten, stellte gefälschte Reisepässe und Bescheinigungen der Staatsbürgerschaft lateinamerikanischer Staaten auf die Namen von Juden aus, die von der Vernichtung bedroht waren. Diese Pässe stellten eine lebensrettende Chance dar, der Deportation in ein Todeslager zu entgehen. Die Reisepässe-Aktion wurde von der polnischen Exilregierung finanziell und politisch unterstützt.
Seit einigen Jahren erforscht das Pilecki-Institut die Tätigkeit der Ładoś-Gruppe, die tausende Dokumente lateinamerikanischer Staaten (Paraguay, Honduras, Haiti und Peru) für Jüdinnen und Juden aus Polen, Deutschland und den Niederlanden ausgestellt hat. Schätzungen zufolge konnten 8.000-10.000 Menschen solche Pässe bekommen haben, über 3.000 von ihnen sind namentlich bekannt. Hunderte Passinhaberinnen und -inhaber haben den Holocaust nachweislich überlebt.