Lemkin. Zeuge des Genozid-Jahrhunderts. - Instytut Pileckiego

Lemkin. Zeuge des Genozid-Jahrhunderts.

Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte: 9.10.2021-31.01.2022 / Pilecki-Institut Berlin: 7.02.-23.03.2022

Sonderausstellung "Lemkin. Zeuge des Genozid-Jahrhunderts".

Kuratoren: Tomasz Stefanek, Bartek Gralicki, Piotr Szlagowski

Erster Entwurf der UN-Völkermordkonvention (C) UN (aus "Lemkin z Bliska. Concept Book")

"Die Ermordung eines Individuums ist ein Verbrechen. Ist es dagegen kein Verbrechen, mehr als eine Million Menschen zu töten?" - Rafał Lemkins Worte zu seinem Professor an der Universität Lwów aus dem Jahre 1920, eine Reflexion über die Ermordung von etwa einer Million Armeniern, waren Ausgangspunkt für mehrere Jahrzehnte des Nachdenkens darüber, wie ein solches Verbrechen in juristischer Sprache ausgedrückt werden könnte. Schließlich erfand Lemkin hierfür einen neuen Begriff: Genozid. Sein großes Verdienst ist zudem auch die Einführung der UN-Völkermordkonvention am 9. Dezember 1948.

Dass es sich hierbei um ein Unterfangen von höchster Bedeutung handelte, verdeutlicht ein weiteres Zitat von einem anderen wichtigen Denker: "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt." Denn Sprache ist nicht nur Mittel zum Zweck - sie eröffnet Perspektiven, erschließt Zugänge, kreiert "Cognitive Maps". Vor der Erfindung des Genozid-Begriffs spürten und sahen viele mit eigenen Augen, dass das 20. Jahrhundert die Ära eines apokalyptisches Novums – des Genozids - einläutete: analytisch erfassen konnte man sie freilich nicht.

Raphael Lemkin steht ganz rechts. Südkorea, Haiti, Frankreich und Costa Rica ratifizieren die Konvention 1950 in New York. (C) UN (aus "Lemkin z Bliska. Concept Book")

Winston Churchill erklärte während des Zweiten Weltkriegs Ende 1941, dass die Nazis ein „namenloses Verbrechen“ begingen. Der polnische Jude und Jurist Raphael Lemkin verschrieb sich der Suche nach einem angemessenen Begriff für diese Akte menschlicher Barbarei. Dank seiner Erfahrungen und biographischen Stationen in Bezwodne, Lwów und Warszawa, seiner Sensibilität für das Schicksal verschiedener nationaler und ethnischer Gruppen, sowie Studien in Philosophie, Philologie und im Rechtswissenschaften gelang Lemkin 1943 die Prägung des Neologismus Genozid. Durch sein persönliches Engagement sorgte er für das Zustandekommen der Genozidkonvention der Vereinten Nationen im Jahr 1948. Die Ausstellung „Lemkin. Zeuge des Genozid-Jahrhunderts“ erzählt von einem Menschen mit moralischer Vorstellungskraft und einem einzigartig ausgereiftem idealistischen Bürgersinn, der die Verwirklichung seiner Idee zu seinem Lebensinhalt machte.

Hier entwickelte er sein intellektuelles Potenzial: Lemberg (oben) und Warschau (unten) (C) Wikicommons