Zum 86. Jahrestag der "Sonderaktion Krakau" - Instytut Pileckiego
Zum 86. Jahrestag der "Sonderaktion Krakau"
Sie verkörpert das Wesen der deutschen Besatzung Polens: die Vernichtung der polnischen Bildungsschichten und damit der polnischen Identität. Zugleich erschließt sie universelle Lehren über die Handlungsmuster totalitärer Regime.
Diese Woche jährt sich die „Sonderaktion Krakau“ zum 86. Mal: einer der symbolträchtigsten Angriffe auf die polnische Intelligenz.
Sie verkörpert das Wesen der deutschen Besatzung Polens: die Vernichtung der polnischen Bildungsschichten und damit der polnischen Identität. Zugleich erschließt sie universelle Lehren über die Handlungsmuster totalitärer Regime.
Am 6. November 1939 wurden unter dem Vorwand einer Besprechung 183 Professoren und Dozenten der Jagiellonen-Universität sowie anderer Krakauer Hochschulen in das Collegium Novum gelockt und verhaftet. Ende November erfolgte ihre Deportation in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Dachau. Die deutschsprachige Redaktion des polnischen öffentlichen Rundfunks Polskie Radio zitierte in ihrem Artikel die Erinnerungen eines der Überlebenden, Professor Henryk Batowski:
„Wir wurden plötzlich von Gestapo-Soldaten umzingelt und durchsucht. Es war für uns sehr überraschend – wir waren uns in diesem Moment nicht bewusst, was auf uns zukommen würde.“
Die Aktion war Teil der sogenannten Intelligenzaktion – einer gezielten Kampagne zur Vernichtung der polnischen Eliten. Reinhard Heydrich und Heinrich Himmler erklärten 1940 in internen Berichten, dass Ziel gewesen sei, „Tausende von führenden Polen zu erschießen“. Unter den Verfolgten befanden sich herausragende Vertreter der polnischen Wissenschaft und Kultur: u.a. der Historiker Władysław Konopczyński, der Mediziner Henryk F. Hoyer, der Musikwissenschaftler Zdzisław Jachimecki, der Philosoph Leon Wachholz und der Biologe Franciszek Górski.
Władysław Konopczyński war einer der bedeutendsten Historiker der Zweiten Republik, spezialisiert auf die politische Geschichte des 18. Jahrhunderts. Er gehörte zu den Mitbegründern der Polska Akademia Umiejętności und wurde nach seiner Rückkehr aus der Haft von der kommunistischen Regierung erneut aus dem Universitätsdienst gedrängt. Henryk Ferdynand Hoyer, Professor für Anatomie, leitete eine der modernsten anatomischen Schulen Europas. Nach seiner Freilassung kehrte er trotz seines Alters an die Jagiellonen-Universität zurück. Zdzisław Jachimecki, Musikwissenschaftler, Komponist und langjähriger Leiter des Instituts für Musikwissenschaft, gilt als Mitbegründer der modernen polnischen Musikwissenschaft. Leon Wachholz, Arzt und Philosoph, war Professor für Forensische Medizin und einer der Begründer der polnischen Kriminalanthropologie; er starb 1942 an den Folgen der Haft. Franciszek Górski (1869–1944), Botaniker und Physiologe, gründete nach seiner Rückkehr das Institut für Pflanzenphysiologie in Krakau und setzte seine Forschung bis zu seinem Tod fort.
Zu den Ermordeten gehörten der Literaturhistoriker Ignacy Chrzanowski, einer der führenden Kenner der polnischen Romantik; der Jurist und Rektor der Jagiellonen-Universität Stanisław Estreicher; sowie der Altphilologe Leon Sternbach, der 1940 im KZ Sachsenhausen ermordet wurde.
Generationen an Kulturgut, wissenschaftlichem Ethos und Erfahrungsschatz, die auch künftig hätten weitergegeben werden können, wurden auf diese Weise aus der Geschichte gerissen.
Im Frühjahr 1940 wurden 43 jüngere Dozenten nach Dachau verlegt und 1941 – nach internationalen Protesten, unter anderem durch die Intervention Benito Mussolinis – freigelassen. Von den insgesamt 183 Verhafteten überlebten rund 120. Doch der Schlag gegen die polnische Wissenschaft war längst erfolgt.
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